Wölfe stehen für Wildheit, Gefahr und lautes Jaulen. Und irgendwie auch für Menschlichkeit – oder woher stammt die Sage des Wolfskindes? Für den Regisseur der Show »Wolf«, Yaron Lifschitz, bedeutet Wolf-Sein Begehren. Und das ist menschlich. »Wolf« ist eine Koproduktion von Circa mit dem Chamäleon Berlin, die die Wölfe in uns Menschen akrobatisch inszeniert.
Der neue Zirkus gilt als eine bedeutende zeitgenössische Bühnenform. Sie ist experimentierfreudig, akrobatisch und in den Interpretationen der Compagnie Circa: innovativ. Circa gehört auch nach 20 Jahren zu den innovativsten Ensembles des Genres neuer Zirkus. In dem 90-minütigen Stück »Wolf« fliegen bis zu zehn Akrobat:innen zeitgleich über die Bühne, spielen mit Geschlechterstereotypen und adressieren mit physischer Kraft und Energie eine Show, die die Zuschauenden zum Nachdenken antreiben soll. Über den ungezähmten inneren Geist, das Begehren, das sich seinen Weg bahnt, ob der Mensch will oder nicht.
»Wir arbeiten viel damit, dass jede Person in eine andere Rolle schlüpfen könnte. Es muss nicht zwingend ein Mann die Person sein, die alle hebt. Wir haben sehr viele starke Frauen in der Show.«
In zwei Teilen lädt »Wolf« das Publikum dazu ein, die Wildheit in sich zu entdecken. Im ersten Teil des Stückes geht es um äußere und innere Wölfe. In komplexen Soli und Duetten bringen die zehn Akrobat:innen wortlos ihre Ängste, Unsicherheiten und Zweifel zum Ausdruck. Im zweiten Teil geht es um das Wolfsrudel. Menschen, die über die Bühne fliegen und dabei nicht nur sinnbildlich in den Armen anderer aufgefangen werden. »Es geht darum, die Hindernisse zu überwinden, die andere und auch wir selbst uns in den Weg stellen«, sagt Yaron Lifschitz. Der zweite Teil zeigt, welche unbändige Kraft sich entwickelt, wenn wir uns zusammen tun: ein Bild, das angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen nicht aktueller sein könnte.
Eine weitere zeitkritische Besonderheit des Stücks bringt das Spielen mit Geschlechterstereotypen auf die Bühne. Christina Zauner, Akrobatin des Ensembles, sagte im Interview: »Wir arbeiten viel damit, dass jede Person in eine andere Rolle schlüpfen könnte. Es muss nicht zwingend ein Mann die Person sein, die alle hebt. Wir haben sehr viele starke Frauen in der Show.« Dadurch kann der zweite Teil der Show, also die akrobatische Rudelbildung in »Wolf«, in immer neuen Konstellationen durchgespielt werden.

Das Chamäleon Berlin ist ein Theater im Herzen der Hauptstadt, das sich auf zeitgenössischen Zirkus spezialisiert hat. Es versteht sich als Bühne für internationalen, modernen Zirkus mit Fokus auf Akrobatik,Tanz, Theater und Musik.
Das Haus im historischen Hackeschen Hof bringt innovative Compagnien aus aller Welt nach Berlin. Zum 20-jährigen Jubiläum spielt die Show »Wolf« im Chamäleon. Für Chamäleon-Intendantin Anke Politz steht die Show exemplarisch für das, was Zirkus heute leisten und zeigen kann.
»Der Drang zur Evolution, die Sehnsucht nach Verbindungen und die Freude ander Unordnung des Menschseins sind Schlüsselelemente des zeitgenössischen Zirkus und Bausteine dieser beiden Stücke«, sagt sie. Circa zählt zu den bekanntesten und renommiertesten Zirkuscompagnien der Welt. Mehr als zwei Millionen Menschen in über 45 Ländern hat das Ensemble mit ihren Darbietungen bereits erreicht. Die Compagnie stammt aus dem australischen Brisbane und wurde 1987 zunächst unter dem Namen »Rock n’ Roll Circus« bekannt, bevor sie im Jahr 2004 unter dem neuen Leiter Yaron Lifschitz neu gegründet wurde. Circa ist eines der innovativsten Ensembles des Genres »neuer Zirkus«. Ihre Stücke wurden mehrfach mit dem Helpmann Award ausgezeichnet, Australiens wichtigstem Preis für darstellende Künste. 2024 wurde Yaron Lifschitz von der International Society for the Performing Arts (ISPA) mit dem Distinguished Artist Award geehrt.
»Wolf« wird vom 23. Oktober 2025 bis zum 18. Januar 2026 im Chamäleon gespielt.
Die komplette showcases-Ausgabe findest du hier: https://ebooks.memo-media.de/fokus-stadtfeste-i-showcases-2025-04/70781442
k.meisner@memo-media.de
Redakteur bei showcases
Weitere Artikel

WIR brauchen LEBENSFREUDE: Ein Jahr nach dem Messeranschlag
Die kreisfreie Stadt Solingen hat 165.000 Einwohner:innen. Sie liegt im Herzen des Bergischen Landes zwischen Ruhr- und Rheinschiene. 1993 wurde die Stadtgesellschaft durch den Brandanschlag von fünf jungen Neonazis erschüttert und in den Fokus der internationalen Berichterstattung gerückt. Seitdem hat sich Solingen sehr bemüht, die friedliche Koexistenz und die positive Identifikation mit der Stadt zu [...]

ERSTER AUSBLICK AUF DIE 37. INTERNATIONALE KULTURBÖRSE: Die Branche trifft sich in Freiburg
Die Internationale Kulturbörse Freiburg (IKF) ist seit langem ein jährliches Highlight für die Kulturbranche. Als größte Fachmesse im deutschsprachigen Raum für Bühnen-, Outdoor- und Musikproduktionen bietet sie vom 26. bis 28. Januar 2026 wieder einen umfangreichen Einblick in Shows und Auftritte internationaler Künstlerinnen und Künstler und Ensembles aus den Bereichen Darstellende Kunst, Musik und Theater [...]

JUNGE TALENTE IN BOCHUM: OPENSPACE HAT HOHEN BESUCH
Das Förderprogramm »New Talents Ruhr« richtet sich an junge kreative Talente aus dem Ruhrgebiet. Egal, ob Performance, Kunst, Tanz, Musik, Artistik, Gesang oder Graffiti. Durch ein individuell abgestimmtes Mentoringprogramm werden sie auf ihrem Weg zu professionellen Künstlerinnen und Künstlern gezielt unterstützt und gefördert. Einen lebendigen Einblick in die Arbeit im zweijährigen Mentoringprogramm erhielten die Ministerin [...]

