showcasesTalking Heads

FIRMENFEIERN IM 21. JAHRHUNDERT: Was Agenturen und Unternehmen für wichtig halten

Die Eventbranche ist in ihrer heutigen Form circa 40 Jahre alt. Pioniere wie die Kogag oder VOK DAMS begannen damit, den Kongressmarkt aufzumischen und Events zu inszenieren. Die Blüte begann in den 90er-Jahren mit dem politischen Aufbruch nach dem Fall der Mauer weltweit. Es herrschte Goldgräberstimmung. Mittlerweile hat die Branche einige Krisen überstanden. Nicht alle [...]

Aktualisiert:
7 Min. Lesezeit
FIRMENFEIERN IM 21. JAHRHUNDERT: Was Agenturen und Unternehmen für wichtig halten
Artikel teilen:

Die Eventbranche ist in ihrer heutigen Form circa 40 Jahre alt.

Pioniere wie die Kogag oder VOK DAMS begannen damit, den Kongressmarkt aufzumischen und Events zu inszenieren. Die Blüte begann in den 90er-Jahren mit dem politischen Aufbruch nach dem Fall der Mauer weltweit. Es herrschte Goldgräberstimmung. Mittlerweile hat die Branche einige Krisen überstanden. Nicht alle Agenturen des Anfangs haben überlebt. Wie feiern sich Unternehmen im 21. Jahrhundert und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? showcases befragte Expert:innen aus verschiedenen Agenturen und Unternehmen. An unserem Interview nahmen von Unternehmensseite aus teil: Elke Hilger, Corporate Event Marketing beim Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen AG mit 168.700 Mitarbeitenden weltweit, und Rainer Vehns, Gründer und Vorstand des Softwareunternehmens Codecentric AG, Solingen, mit 690 Mitarbeitenden in Deutschland, Portugal, Serbien und Bosnien. Für die Agenturseite antworteten Sonja Peger, Director Brand Experience bei der Agentur TAS Emotional Marketing, Essen, und Andreas Grunszky, Gründer und CEO der Agentur Beeftea Group, Berlin.

Welche Kommunikationsmaßnahmen sind für die Mitarbeiterbindung sinnvoll?

Elke Hilger: Ein dialogisches Intranet hat sich als zentrale Plattform etabliert, um Mitarbeitende regelmäßig zu informieren. Virtuelle und reale Townhalls gewinnen an Beliebtheit. Diese Veranstaltungen ermöglichen es, wichtige Themen zu diskutieren und den direkten Austausch zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden zu fördern. Darüber hinaus erfreuen sich Gesundheits- und Sportprogramme wachsender Beliebtheit.

Rainer Vehns: Für die Mitarbeiterbindung setzen wir auf Transparenz und einen offenen Dialog. Das beinhaltet regelmäßige Fishbowl-Meetings. Also direkte Updates vom Management und die Möglichkeit für Mitarbeitende, Fragen zu stellen. Als interne Kommunikationstools nutzen wir Plattformen wie Slack, die einen schnellen und informellen Austausch fördern. Es gibt Mitarbeiterbefragungen und Feedback- Runden. Es gibt ein aktives Einholen von Meinungen und Bedürfnissen, um uns kontinuierlich zu verbessern.

Sonja Peger: Mitarbeiterbindung beginnt mit Kommunikation. Wer sich informiert, einbezogen und wertgeschätzt fühlt, bleibt engagiert. Gerade in Zeiten des Wandels sind gute Informationsflüsse und echte Begegnung entscheidend. Wichtig ist ein Kommunikationsmix mit Relevanz, niedrigschwelligem Zugang und machbarer Umsetzung. Formate wie Intranet, Newsletter oder Info-Screens müssen zur Zielgruppe passen und realistisch gepflegt werden können. Es gibt drei zentrale Themen. Erstens Transparenz: Mitarbeitende brauchen Klarheit über Ziele und Entwicklungen. Zweitens Einbindung: Wer externe Kommunikation kennt, wird sicherer und spricht mit. Drittens Wertschätzung: Persönliche Anlässe schaffen Nähe – und sind immer DSGVO-konform.

Andreas Grunszky: Live-Events sind immer eine gute Wahl, wenn es um ein »Wir-Gefühl« geht. Wenn die Mitarbeiter emotional spüren und live erleben sollen, dass ihr Arbeitgeber die richtige Firma ist. Wenn ein Gefühl deutlich macht, dass die Firma die richtigen Rezepte hat, um auf die Herausforderungen des Marktes und der aktuellen Zeit die richtigen Antworten zu haben. Denn jeder möchte im Gewinnerteam sein. Live-Events sind auch dann eine gute Wahl, wenn beim Live-Event eine Wertschätzung für einen selbst spürbar ist. Und insbesondere Massenveranstaltungen eignen sich, um Begeisterung für eine Botschaft zu schaffen. Diese Tatsache wurde leider auch in unserer deutschen Vergangenheit missbraucht. Allerdings helfen auch digitale Kommunikationsmaßnahmen wie Social Media oder PR für die Mitarbeiterbindung. Denn digital können auch Inhalte öffentlich gemacht werden, die vielleicht nicht jedem Mitarbeiter bekannt oder bewusst sind. Wie zum Beispiel Informationen über Nachhaltigkeitsengagement des Unternehmens. Oder Statements von der Firma zu aktuellen politischen und oder gesellschaftspolitischen Themen. Hier bedarf es nicht eines Events, um dies für alle sichtbar zu machen

Was ist das wichtigste Ziel des Mitarbeiter-Events?

EH: Das wichtigste Ziel eines Mitarbeiter-Events ist für mich, das Teamgefühl und die Motivation der Mitarbeiter:innen zu stärken. Ein solches Event bietet die perfekte Gelegenheit, ein gemeinsames Erlebnis zu schaffen, bei dem alle an einem Strang ziehen, in einem Boot sitzen und gemeinsam feiern.

AG: Das Ziel ist die Vermittlung von Informationen: Wo steht das Unternehmen, wo will es hin, warum werden welche Maßnahmen eingeleitet und Verständnis und bestenfalls Commitment, das heißt Begeisterung für das Unternehmen und/oder den Kurs des Unternehmens.

RV: Das primäre Ziel unserer Mitarbeiter-Events ist die Stärkung des Zusammenhalts und der Teamkultur. Es geht darum, abseits des Arbeitsalltags eine positive Atmosphäre zu schaffen, in der sich die Mitarbeitenden besser kennenlernen, vernetzen und gemeinsam Spaß haben können. Dies fördert nicht nur das Wir-Gefühl, sondern auch die Motivation und Loyalität.

SP: Das wichtigste Ziel ist, Beziehungen zu stärken! Gemeinsame Erlebnisse fördern das Wir-Gefühl, bauen Hemmschwellen ab und machen Zusammenarbeit menschlicher. Events wirken auch strategisch – etwa bei Change-Prozessen oder neuen Zielen. Entscheidend sind Freiwilligkeit, Vielfalt und Raum für Austausch.

Live-Events sind immer eine gute Wahl, wenn es um ein »Wir-Gefühl«geht. Wenn die Mitarbeiter emotional spüren und live erleben sollen, dass ihr Arbeitgeber die richtige Firma ist. – Andreas Grunszky, Beeftea Group GmbH

Gibt es spezielle Wünsche oder Bedürfnisse der Mitarbeitenden, die berücksichtigt werden sollten?

RV: Wir setzen auf vielfältige Eventformate. Nicht nur die klassische Feier, sondern auch sportliche Aktivitäten, Workshops, Hackathons oder Teamevents. Wir beziehen auch die Familien ein. Bei manchen Events kann es sinnvoll sein, Partner und Kinder zu beteiligen, um die Work-Life-Integration zu fördern. Wichtig ist uns aber auch das Bewusstsein für ökologische Aspekte bei der Eventplanung.

EH: Mitarbeitende wünschen sich Spaß, gemeinsame Aktivitäten und Erlebnisse, die nicht nur den Teamgeist stärken, sondern auch Stolz auf das Unternehmen als Arbeitgeber vermitteln. Auch Raum für informelle Gespräche in einem besonderen Rahmen steht auf der Wunschliste. Und am liebsten zusammen mit ihren Familien.

AG: Der Anspruch an Individualisierung wächst. Mitarbeitende wünschen sich Formate, die inklusiv, flexibel und generationenübergreifend funktionieren. Programmpunkte, die sowohl aktive als auch ruhige Optionen bieten. Auch die Vereinbarkeit mit Familie oder privaten Verpflichtungen spielt zunehmend eine Rolle. Zum Beispiel durch kürzere Formate, hybride Teilnahmeoptionen oder dezentrale Erlebnisse.

SP: Je nach Arbeitsbereich und Lebenssituation gibt es unterschiedliche Bedürfnisse. Nicht alle können immer dabei sein, und das ist in Ordnung. Hauptsache, die Angebote sind flexibel und wertschätzend. Vorabumfragen helfen, Formate besser abzustimmen und erhöhen die Teilnahmewahrscheinlichkeit.

Ist die klassische Weihnachtsfeier noch gefragt – was wären Alternativen?

AG: Aus meiner Sicht erlebt die klassische Weihnachtsfeier gerade ein Revival – aber in modernerer Form. Statt großer Dinners mit Bühnenprogramm setzen viele Unternehmen heute auf modulare Formate, Pop-up-Erlebnisse oder Aktionen an mehreren Standorten gleichzeitig. Alternativen sind Wintermärkte auf dem Firmengelände, nachhaltige Schenkevents, digitale Erlebnisformate oder Teamaktivitäten im kleineren Kreis mit persönlicher Note.

SP: Eine Weihnachtsfeier bietet Sicherheit, Emotion und Tradition. Alternativen sind Neujahrsfeiern oder Sommerfeste. Wichtig ist die Botschaft: Danke! Ihr seid wichtig – und wir feiern euch!

RV: Die Weihnachtsfeier ist nach wie vor gefragt und wird bei der Codecentric dezentral, das heißt am jeweiligen Standort, organisiert.

EH: Aus meiner Sicht ist die klassische Weihnachtsfeier nicht mehr so gefragt wie früher. Vielmehr haben sich auch aufgrund der internationalen Zusammensetzung von Teams neue Formen der Weihnachtsfeier etabliert. Digitale Weihnachtsfeiern sind mittlerweile eine beliebte Alternative mit Adventsquiz, Advent- Challenges oder dem klassischen Wichteln.

Wie begeht man heute ein Jubiläum? Wie offen sollte ein Unternehmen dabei mit seiner Geschichte umgehen?

RV: Jubiläen von Mitarbeitenden begehen wir heute als Anerkennung und persönliche Wertschätzung. Die persönliche Wertschätzung ist uns wichtig. Neben materiellen Geschenken, wie bei zehn Jahre Zugehörigkeit, legen wir Wert auf eine persönliche Ansprache. Wir gehen offen mit unserer Geschichte um. Allerdings betonen wir die Vergangenheit auch nicht besonders, da wir uns ständig weiterentwickeln. Auf eine Feier zum 20-jährigen Bestehen der Codecentric haben wir verzichtet, dafür wird der Event zum 25-Jährigen umso größer.

SP: Nicht nur als Rückblick, sondern Geschichte als Zukunftserzählung. Was war, was ist, was kommt. Offenheit schafft Glaubwürdigkeit. Wer den Wandel betont, stärkt das Vertrauen – und gibt der Belegschaft die Sicherheit, ein erfolgreicher Teil davon zu sein.

AG: Jubiläen sind heute weniger Rückblicke, sondern gezielte Identitätsmomente. Statt rein chronologischer Rückschauen geht es um das Erzählen einer Haltung: Woher kommen wir – und warum gehen wir heute diesen Weg? Offenheit gegenüber der eigenen Geschichte, inklusive Höhen und Tiefen, wirkt dabei authentisch und glaubwürdig. Formate wie Unternehmensausstellungen, Storytelling-Projekte mit Mitarbeitenden oder Dialogveranstaltungen zur Zukunft stärken die Relevanz des Jubiläums über die reine Feierstunde hinaus.

EH: Jubiläen symbolisieren nicht nur die Beständigkeit und den Erfolg des Unternehmens, sondern bieten auch eine wertvolle Gelegenheit für den Blick in die Zukunft und für zukunftsorientierte Visionen. Ein Beispiel für einen modernen und transparenten Umgang mit der eigenen Geschichte war unser 100-jähriges Jubiläum. Die umfassende und transparente Aufarbeitung, nicht nur der glanzvollen Momente, sondern gerade auch der weniger erfreulichen Kapitel – unterstützt durch externe Experten –, trug maßgeblich zur Glaubwürdigkeit und Authentizität der präsentierten Kommunikation bei.

Vielen Dank für die Teilnahme!

Die komplette showcases-Ausgabe findest du hier: https://www.yumpu.com/de/document/read/70739563/fokus-firmenfeiern-i-showcases-2025-03

showcasesTalking Heads
Kerstin Meisner-Schaul

Kerstin Meisner-Schaul

Herausgeberin, Chefredaktion. Netzwerkerin der Eventbranche mit absoluter Leidenschaft für Live-Kommunikation.

Weitere Artikel

MENSCHEN MACHEN MOMENTE– UND ZUKUNFT: Aus- und Weiterbildung als Herzenssache
showcases

MENSCHEN MACHEN MOMENTE– UND ZUKUNFT: Aus- und Weiterbildung als Herzenssache

Egal, welchen Event wir erleben – es sind immer die Menschen dahinter, die die Magie erschaffen. Wer in ihre Entwicklung investiert, gestaltet nicht nur gelungene Veranstaltungen, sondern die Zukunft einer ganzen Branche. Das bedeutet auch: Aus- und Weiterbildung ist nicht nur Herzenssache, sondern unverzichtbar. Das Themenspecial stellt verschiedene Anbieter aus der Eventbranche rund um »Human [...]

7 Min.
Weiterlesen
ZWEI PLATTFORMEN WACHSEN ZUSAMMEN – memo-media und elbgoods bündeln ihre Kräfte
showcases

ZWEI PLATTFORMEN WACHSEN ZUSAMMEN – memo-media und elbgoods bündeln ihre Kräfte

Für eine starke, sichtbare und zukunftsfähige Eventbranche – memo-media und elbgoods bündeln ihre Kräfte »Pascal, der Geschäftsführer von elbgoods, und ich sind uns zuallererst auf der boe in Dortmund und dann noch einmal in Berlin begegnet, als wir beide bei der Auszeichnung der besten Internetportale geehrt wurden«, erinnert sich Kerstin Meisner- Schaul, Geschäftsführerin des memo-media [...]

3 Min.
Weiterlesen
THERE IS NO BUSINESS LIKE SHOWBUSINESS – Die Expert:innenrunde zur Ausbildung und den Veränderungen durch KI
showcases

THERE IS NO BUSINESS LIKE SHOWBUSINESS – Die Expert:innenrunde zur Ausbildung und den Veränderungen durch KI

Branchenexpert:innen zum Stand der Ausbildung und den Veränderungen durch KI Das Eventbusiness hat im Verlauf der letzten dreißig Jahre spezifische Ausbildungen hervorgebracht. Genügen diese noch den Ansprüchen und wie werden sich Ausbildungen verändern? showcases fragte vier Expertinnen und Experten. Hendrik Coers ist Geschäftsführer der Aventem GmbH in Hilden, einem audiovisuellen Technikdienstleister, der zum Beispiel die [...]

7 Min.
Weiterlesen

Mehr aus dem Magazin

Entdecke weitere spannende Artikel, Cases und Insights

Alle Artikel ansehen